Von Karl Dilly MANAGEMENT KOMPETENZEN D-46514 Schermbeck
Die Mehrzahl der Ideen von Mitarbeitern zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit werden in der Wirtschaft nicht weiter verfolgt. Woran liegt’s? Liegt es daran, dass die meisten Ideen nichts hergeben? Oder liegt es daran, dass mit den kreativen Mitarbeitern und deren Idee nicht so umgegangen wird, wie es für den Erfolg nötig ist?
Was ist bloß los, wenn selbst die beste Idee zur Festigung der Existenz selten mit einem klaren „Ja“, sondern mit „Ja – aber …“ kommentiert wird?
Was ist bloß los, wenn dieser Idee zunächst nicht auf den Grund gegangen, sondern über das „aber“ diskutiert und mit „ … es könnte ja sein…“ gewarnt und zu bedenken gegeben wird? Weil ‚zu bedenken geben’ und warnen sein muss! Ansonsten würde Bruder Leichtsinn die Gefahren doch glatt übersehen. Man meint es ja nur gut.
Wirklich? Oder ist das „aber…“ ganz einfach auch eine Strategie, die für Bedenkenträger immer erfolgreich ist? Wird die vorgetragene Idee ein Erfolg, lassen sich auch die Warner und Bedenkenträger an der Gratifikation beteiligen. Wenn es nicht gut läuft, haben sich die Warner abgesichert. Sie können ihr „ich hatte ja von Anfang an so meine Bedenken“ anführen und müssen sich nicht beteiligen, den Schaden zu beheben. Der Hieb gegen die vermeintlich Untüchtigen: „Dafür bin ich nicht verantwortlich – wer Mist macht, soll ihn auch wegschaffen“.
Immer da, wo es eine Gelegenheit gibt, sich zu sorgen und zu warnen, wir diese wahrgenommen – selten nimmt etwas anderes auf den ersten Seiten der Zeitungen, in Gesprächsrunden im Fernsehen und in Internet-Foren mehr Raum ein als das meist miese Herziehen der Warner und Bezweifler über die, die den Mut haben, Wege aufzuzeigen!
Warner riskieren nichts! Es gibt nämlich zwei Wege, sehr bequem durchs Leben zu gehen: Entweder man glaubt oder bezweifelt alles. In beiden Fällen muss man selbst nicht nachdenken. Nicht selten sind es sogar die Bedenkenträger, die wertvolle Informationen zurückhalten, damit die mutig Aktiven auf die Nase fallen und damit sie – die Warner – recht behalten. Perfide.
„Nichts riskieren – nur keine Fehler machen“ ist leider kein ‚modisches’ Verhalten. Dann hätte es sich bald überlebt. „Nur keine Fehler machen“ ist die stetige Entwicklung über Generationen hinweg.
Erinnern wir uns: Wer in der Schule von 100 Wörtern 5 Wörter falsch schrieb, bekam dann bestenfalls die Note ‚befriedigend‘. 95 richtig geschriebene Wörter wurden nicht bewertet. Dafür gab’s kein Lob. Ohne Fehler schreiben, rechnen, lesen wurde als Selbstverständlichkeit gesehen. Fehler machen wurde bestraft; anderen zu helfen war gar nicht im Programm – bis heute nicht. Der eine (Schüler) war und ist getrimmt, keine Fehler zu machen. Der andere (Lehrer) ist getrimmt, Fehler zu entdecken.
Wen wundert es, wenn es im Berufsleben so weiter geht: 95% Budget-Erfüllung sind nicht gute 95%, sondern miserable minus 5%! Dem einzelnen wird zuerst die Frage gestellt: „Warum minus 5%“? Prompt bemüht sich der Getadelte, diese minus 5% zu rechtfertigen. Er ist mit der Frage „warum?“ ja dazu aufgefordert worden! Er wird mit viel Aufwand beweisen, dass es nicht an ihm lag. Es lag am unseriösen Wettbewerb – am ‚Markt‘. Nur,
der ‚Markt‘ fällt nie vom Himmel,
jeder Marktteilnehmer hat ihn mit gestaltet, auch der getadelte Verkäufer. Trotzdem wird er sich rechtfertigen (sich selbst das Recht auf minus 5% fertigen), dass es nicht an ihm, sondern an fehlenden Produkten, an nicht Markt gerechten Preisen, am schlechten Lieferservice lag.
Was bringen diese Rechtfertigungen? Frust bei denen, die vom Verkäufer direkt/indirekt beschuldigt werden – die sich dann ihrerseits rechtfertigen. Die vom Verkäufer Beschuldigten haben damit ihr Gleichgewicht noch nicht gefunden. Bei nächster Gelegenheit rächen sie sich am Verkäufer. Die Rache ist nicht erkennbar, sondern blitzsauber von Vorschriften gedeckt – mit Dienst nach Vorschrift. Es geht noch viel weiter:
Es fehlt die informelle Struktur,
mit der sich neue Aufgaben und plötzlich auftretende Probleme besonders gut lösen lassen. Aus erzogenen Einzelkämpfern („setz‘ Dich durch – nimm keine Rücksicht – andere tun es auch nicht“) und mit der Strategie ‚Auge um Auge …‘ (macht auf Dauer alle blind) kann sich diese Struktur nicht bilden.
Wenn wir jedoch den Mitarbeiter zu seiner Leistung (95%!) und zu seiner Stärke Stellung beziehen lassen, dann wird er auch ohne Vorbehalt Stellung beziehen zu dem, was ihm nicht gut gelungen ist (minus 5% …).
Was das Unternehmern entscheidend weiter bringt: Wenn wir Kreativität belohnen. Wenn wir Offenheit und Fairness zum Prinzip machen. Wenn wir Ideen grundsätzlich willkommen heißen, sie bewerten, gewichten und dann erst entscheiden. Wenn wir die informelle Struktur, nämlich die vertrauliche, gefühlsmäßige, die
sich achtende Verbindung der Mitarbeiter untereinander fördern und fordern!
Wenn Fehler machen nicht bestraft wird, wohl jedoch der Unbelehrbare, der aus eigenen Fehlern und denen der anderen einfach nicht lernen will!
Dem „aber“ dürfen wir nicht die Berechtigung nehmen. Es muss möglich sein, Bedenken vorzutragen. Impuls dafür: Ist eine Krankheit im Anfangsstadium (die minus 5%?), ist sie schwer zu erkennen, jedoch noch leicht zu heilen. Nur so macht die konkrete Risiko-Bewertung und wachsame Folge-Betrachtung der minus 5% Sinn.
Dieses Verhalten insgesamt bedeutet vor allen Dingen Vertrauen in das Verhalten aller – offen kommunizierte Fehlschläge dürfen niemals gegen jemanden verwendet werden. Nur so verschaffen wir uns den Zugang zu persönlichem, informellem Mitarbeiter-Wissen auch aus Flops und Irrtümern. Nur so können wir mit unseren Mitarbeitern aus diesen Fehlern lernen. Dem formalen, Checklisten basierten, unpersönlichen Wissens-Management bleibt dieses enorme Motivations- und Leistungs-Potential komplett verschlossen.
Was jeder sofort tun kann, um die negativen Auswirkungen seines „Ja – aber …“ zu vermindern oder sogar zu verhindern: Seinen
Sprachgebrauch ändern.
Sich auf die Zunge beißen, wenn ihm wieder das „ja – aber …“ rausrutschen will. Das bringt uns schon weiter, denn unsere Vorstellungen sind für unseren Sprachgebrauch und unser Verhalten maßgebend.
Sich auf die Zunge beißen, wenn wieder „das ist aber schwierig“ rausrutschen will! Die Folge von „schwierig“ ist zwangsläufig Ablehnung – was sonst. „Anspruchsvoll“ jedoch bedeutet Herausforderung. Die Folge ist entsprechend engagiertes Verhalten – sind entsprechend positive Ergebnisse. Wenn wir unseren Sprachgebrauch bewusst und gezielt positiv verändern, werden wir unsere Vorstellungen und damit unser
Verhalten positiv verändern,
uns weiterentwickeln.
Sinnvolle ‚Werkzeuge‘ können diese positive Entwicklung erfolgreich unterstützen. Wer sie nicht hat, muss und kann sie lernen: Ins Training gehen, um überzeugender entscheiden zu können – mit Fällen aus der eigenen Praxis und Anleitung für z.B. professionelles Präsentieren von Ideen für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit – das wär’s doch schon für das Fundamentale.
Keine Zeit dazu? Diese Rechnung muss immer noch jeder für sich selbst aufmachen:
- Was bringt uns das derzeitige Vorschlagswesen?
- Was bringt uns unser (Rechtfertigungs-) Berichtswesen?
- Welchen Zeit- und Geldaufwand betreiben wir heute für das Vorbereiten, Teilnehmen und Nachbereiten von Tagungen und Besprechungen?
- „Keine Zeit“ ist oft nur eine andere Form des „Ja, aber…“, nämlich „Ich würde ja – eventuell – wenn ….“.
- Mit welchem Ergebnis? Mit welcher Motivation?
Zum wachsenden Interesse an ‚Grund- und Sozial-Kompetenz‘ und ‚emotionaler Intelligenz‘: In Zeiten stürmischen Wachstums wurde das Können im Umgang mit sich selbst (GrundKompetenz) sowie mit anderen (SozialKompetenz) kaum beachtet. Diese Kompetenzen einschließlich der weiteren Teile der emotionalen Intelligenz wurden (und werden) als „soft skills“ gewertet. Was zählte und zählt, waren und sind „hard facts“. Die sind unverzichtbar. Nur – diese „hard facts“ sind immer erst das Resultat der sog. „soft skills“ – die Folge dessen, was wir uns sowohl unbewusst als auch bewusst vorstellen, was wir als Folge unserer Vorstellungen tun, wie wir es tun und was wir unterlassen.
Einzig unsere Vorstellungen bestimmen unser Verhalten!
Wir haben in den ‚guten Zeiten‘ einiges davon verlernt, unsere Gefühle und Talente zu nutzen. Nach sieben mageren Jahren kamen ja wieder sieben fette. Tätigkeitsloses ‘Abwarten‘ ersetzte die Tugend ‚Geduld‘, Aussitzen‘ war und ist hoch gepriesene Strategie.
Die alte Strategie hat ausgedient,
denn den Zyklus ‚fett – mager – fett‘ gibt es so nicht mehr. Was tun? Wieder abwarten, bis das dramatisch schlechte Zeiten dazu zwingen, die in guten Zeiten wenig gefragten Kompetenzen zu aktivieren? Uns geht es doch gar nicht so schlecht? Wenn doch, dann müssen wir eben wieder sparen!? Abgesehen davon, dass sich Erfolg nicht zusammensparen lässt – fragen wir uns besser, ob es überhaupt Gründe gibt, auf das zu verzichten, was den dauerhaften Erfolg ausmacht:
Auf die Grund-Kompetenz (sich selbst in die Verantwortung nehmen; sich selbst motivieren; sich seines Wertes bewusst sein;) und darauf aufbauend, die Sozial-Kompetenz (den anderen ernst nehmen, anderen das Recht zugestehen, „es“ anders zu sehen als man selbst; verlässlich sein, sich mit anderen vereinbaren; Konflikte annehmen und meistern;),
Verhaltensweisen, die zu jeder Zeit für den Erfolg unverzichtbar sind.
Ohne diese Verhaltensweisen fehlen „modernen Strategien und formalen Strukturen“ ganz einfach das Fundament, auf dem sie zu jeder Zeit aufsetzen können. Der für die Wettbewerbsfähigkeit nicht ausreichende Erfolg der Vielzahl der Struktur- und Management-Konzepte aus jüngerer Zeit belegt das nachdrücklich. Das spricht nicht gegen die Konzepte als solche. Ihnen fehlt zum durchschlagenden Erfolg das Fundament – die Grund- und Sozial-Kompetenz derer, die mit diesen Konzepten umzugehen hatten und haben.
Ohne Selbst-Verantwortung verkümmern ‚Teams‘, zu Runden, in denen „alles ausdiskutiert wird“, in denen der Mitarbeiter mit Schwächen in SelbstVerantwortung und SelbstMotivation Unterschlupf findet. Jetzt entscheidet ja das Team – jetzt ist ja das Team verantwortlich, nicht der Einzelne. Die hoch dotierte Feigheit vor der eigenen Verbindlichkeit: „Das müssen wir gemeinsam mit unseren Partnern erörtern und ausdiskutieren.“ Schon mal gehört?
Eine sehr attraktive Möglichkeit, den Problemen (mit sich selbst!) aus dem Weg zu gehen. Die Pflicht zur eigenen Verantwortung, zur eigenen Meinung, Entscheidung und Konfliktfähigkeit bleibt auf der Strecke. Im Team mit schwachen Mitgliedern setzt sich durch, wer sich schon immer durchsetzte. Im „Team“ braucht er nur mehr Zeit dazu. So entsteht keine …
Wert-Schöpfungs-Gemeinschaft.
Wenn wir jedoch in Trainings zur Weiterentwicklung der Grund-Kompetenz investieren, dann wird das darauf aufbauende Training ‚SozialKompetenz’ vorbestimmt ein Erfolg. Dann haben wir das Fundament, um das in vollem Umfang nutzen zu können, was in stärkstem Maße den Erfolg bestimmt:
Die informelle Struktur des Unternehmens.
Diese Struktur ist in jedem Unternehmen vorhanden. Sie ist die Seele des Unternehmens und damit unsichtbar (Michael Dilly). Im Gegensatz dazu ist die formale Struktur/Organisation mit bloßem Auge zu erkennen. Darum wird leider dort der Hebel angesetzt, wenn man was verändert. Man hat zwar die Veränderung sofort sichtbar auf dem Papier, nur: formale Änderung ist nicht gleich Verhaltensänderung, schon gar nicht im positiven Sinne. In den meisten Fällen wird „wir strukturieren um“ von Mitarbeitern negativ kommentiert (Strategie „rette sich wer kann“) – mit entsprechend negativen (Verhaltens-) Folgen.
Wenn wir jedoch unsere eigene Grund- und SozialKompetenz und die unserer Mitarbeiter fördern, dann werden wir auch die
emotionale Intelligenz
aller Mitarbeiter und auch das ‚neue Wissen‘ unserer Hochschul-Absolventen sinnvoll nutzen können. Dann werden uns innovative Konzepte, die den Begriff „neu“ wirklich verdienen (und nicht Standard-Wissen unter neuer, großer Flagge‘) sehr willkommen sein. Dann erkennen auch die, die misstrauisch gegenüber neuen Konzepten sind, dass es z.B. das kluge Wesen der aktuellen SWOT-Analyse schon vor mehr als zweitausendfünfhundert Jahren gab und immer noch seinen fundamentalen und unverzichtbar hohen Wert für erfolgreiche Strategien hat.
Was wird’s bringen? Dann werden wir auch das nutzen können, was ohnehin vor (fast) jedem „aber“ steht: unser …
„Ja..!“
Karl Dilly
November 1998/Mai 2015
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